Was Nutzer von Westernsätteln unbedingt wissen sollten

Aus gegebenem Anlass möchte ich hier ein paar sehr wichtige Dinge festhalten, die es zum Thema Westernsättel unbedingt zu beachten gibt.

Westernsättel können für Pferd und Reiter sehr angenehm sein, wenn der Sattel korrekt und für Pferd und Reiter passend gebaut ist.

 

Leider wird häufig beim Kauf nur auf die Kammerweite (beim Westernsattel: Gullet-Weite) geachtet. Das liegt schon alleine in der Natur der Sache, dass man noch viel schlechter unter dem Westernsattel die Passform ertasten kann, als bei allen anderen Sätteln.

 

Ich habe in meinen bisherigen Pferderückenvermessungen noch keinen einzigen passenden Westernsattel gesehen, was mit obigem Faktor zusammen hängt.

 

Ein unpassender Sattel (egal, welche Bauweise, auch klassische, englische!) kann verheerende Folgen haben. Ich habe Pferde mit Hufrollensyndrom gesehen, welches primär dem Sattel und der Haltungsweise zuzuordnen ist, Pferde, die Lahmheiten und Kissingspines entwickelt haben, Pferde, deren Lendenwirbelbereich direkt hinter dem Ilio-/ Lumbosakralgelenk (Becken) regelrecht wie abgeknickt aussehen durch viel zu lange Sattelbäume. All diese Dinge sind vermeidbar! Bitte also nicht irgendeinen Sattel benutzen, auch nicht vorübergehend!

 

Darauf kommts an:

 

  • ALLE Sättel werden hinter der Schulter gesattelt!!! Für alle Sättel mit Skirts gilt: Der Beginn des Sattelbaumes muss hinter der Schulter liegen, die Skirts dürfen auf der Schulter liegen. Das wird ganz, ganz oft falsch gemacht! Wenn der Sattel auf der Schulter liegt, kann diese sich nicht bewegen, die Knorpel, Knochen, Bänder und Muskeln werden gereizt oder sogar verletzt. Quasi immer drückt ein zuweit vorne gesattelter Sattel zudem besonders stark am Sattelende in den hinteren Brustwirbelbereich oder in die Lendenwirbel, da der Sattel durch das Auflegen zu weit vorne in Folge nach hinten abkippt und in der Mitte hohl liegt. Bitte versucht NIEMALS einen zu langen Sattel "schön zu satteln", in dem ihr ihn eben weiter vorne auflegt! Kein Pferd kann sich so bewegen, es wird sich weigern, den Rücken herzugeben, es wird die Last voll mit der Vorhand tragen, Hufrolle und Kissingspines sind vorprogrammiert!!! In einem Fall war das Pferd erst 6 mit dieser Diagnose... Das hätte nicht sein müssen!

  • Die Kammer- / Gulletweite: könnt ihr gegurtet und aufgesessen immer noch Eure Finger bis zur Mitte des Fingers (2. Gelenk) ohne große Anstrengung an der Schulter unter den Baum schieben? Fühlt im Gehen - kann die Schulter frei laufen, oder werden Eure Finger regelrecht zerquetscht? Passen 3-4 Finger zwischen Widerrist und Gullet? Bleibt der Trapez auf mindestens 3-4 Finger breit frei, auch tief nach hinten gehend? Das könnt ihr nur ohne Pad sehen. Superwichtig: Der Trapez muss frei bleiben, darf nicht gequetscht werden!

 

  • Auch bei Westernsätteln gilt, dass der Baum niemals über den 18. Brustwirbel hinaus aufliegen darf. Hat er genug Schwung und läuft vom Rücken weg, ist es nicht schlimm, wenn er länger ist, als die Auflagefläche (solange er eben definitiv nicht aufliegt). Die Lendenwirbel sind nicht des Tragens fähig, was mit ihrer Struktur und dem Fehlen von stützenden Rippen etc. zu tun hat.

  • Da der Baum des Westernsattels völlig ungepolstert ist, muss er besonders genau zum Pferd passen. Das gilt für den Schwung und die Winkelung der Bars genauso, wie für die Gulletweite und -Höhe und die Baumlänge. Ohne eine Vermessung, bzw. eine professionelle, mit dem richtigen Werkzeug gestützte Passformanalyse ist das nicht feststellbar!!! Lasst Euch nicht abspeisen von Sattlern und Sattelverkäufern mit "Erfahrung" - was die taugt, sehe ich bei jeder Analyse eines Westernsattels...

  • Ein Westernsattel darf NUR in Verbindung mit einem wirklich gutem und anatomisch geschnittenen Pad verwendet werden. Hochwertige Filzpads erfüllen das z.B. Die gut gemeinten Formlöcher und Einschubtaschen für Moosgummi führen zu Druckstellen an den Kanten! eine gleichmäßige, Kanten- und übergangslose Fläche vermeidet dies. Die Pads müssen gut eingekammert werden vor dem Angurten (in das Gullet), damit sie nicht auf den Widerrist und die Wirbelkörper drücken / auf diesen festgespannt werden. Ob Deine Sattelunterlage gut ist, verrät Dir ein einfacher Trick: nimm einen spitzen Stein und lege ihn auf den Boden, Sattelunterlage drüber (keine Luftkammersysteme, logisch...) und stelle Dich barfuß auf den Stein. Ist er gut abgepolstert oder fühlt er sich noch bohrend spitz an? Aber achtung: 2 dicke, schlechte Pads übereinander machen die Situation nicht besser, denn sie verengen den Platz in der Kammer eklatant!!!

  • Die Skirts der Westernsättel haben die Funktion, das Reitergewicht ebenfalls mit aufzunehmen und zu verteilen. Zu weiche - quasi "tot geölte" Skirts können das nicht mehr, ebenso Pseudoskirts von den meisten Kunststoffsätteln. Zu weiche Skirts sind ein Totalschaden und der Sattel gehört in die Deko! Zu harte Skirts und solche, die nach innen verbogen sind, gehören gepflegt und zur richtigen Konsistenz und in Form gebracht. Zu hart sind sie, wenn man sie nur unter Gewaltanwendung biegen kann.

  • Die Skirts am hinteren Ende des Sattels dürfen auch bei extremer Biegung (zum Test an Halfter und Schweif gleichzeitig ziehen) nicht gegen den Hüfthöcker stoßen. Das ist für die Pferde super unangenehm und verleidet ihnen das sich Biegen auf Zirkeln und Volten.

  • Die Flechtung am hinteren Ende der Skirts über der Wirbelsäule - hat keine echte Funktion, aber häufig drückt sie Pferde auf die Wirbelkörper. Es wurden schon Knochenzubildungen durch die Reizung gefunden. Abhilfe: einfach auftrennen und ausfädeln. Niemand braucht sie, das Pferd freut sich über einen Druckpunkt weniger.

  • Siehe meine Zeichnung auf dem schwarzen Pferd unter "kleine Sattelkunde". Male sie nach der Anleitung auf Dein Pferd und verlängere die beiden Linien links und rechts neben der "40%" senkrecht nach unten bis zum Bauch. Dann sattle, sitz auf und lass jemanden sagen, ob Dein Körper mittig über den beiden Linien (=dazwischen) zum Sitzen kommt. Oft ist die Sitzfläche so extrem weit nach hinten geschnitten, dass man eher über der hinteren "30%" oder an der hinteren 40%-Linie zum Sitzen kommt. Das erzeugt eine Druckspitze im hintern Bereich des Sattels auf dem Rücken und macht auf Dauer üble Rückenschmerzen. Leider findet man sehr wenig Westernsättel, die hier richtig verteilen. Meiner Meinung nach schon alleine durch die ausladene Fork und deren Swells. Für die heute oft sehr kurzrückigen Pferde nicht brauchbar.

  • und zuletzt: die Steigbügelaufhängung... Sattle Dein Pferd, setze Dich drauf und lasse eine andere Person beurteilen, ob Du lotrecht sitzt. Musst Du Deine Beine nach hinten zwingen für einen lotrechten Sitz? Dann Sattel nix gut für Euch! Du würdest Dich stets verkrampfen beim Reiten, wenn Du den lotrechten Sitz einnehmen willst. Mit lockerem Mitschwingen ists dann aber aus... Fast noch schlimmer: viele Westernreiter haben es als Gegeben angenommen, dass die Sättel einen meist in einen Stuhlsitz setzen. Das führt nicht nur zur reiterlichen Instabilität, sondern verlagert Dein Reitergewicht automatisch noch weiter nach hinten in der Gewichtsverteilung des Sattels. In der altkalifornischen Westernreitweise wird der Stuhlsitz abgelehnt - aus gutem Grund! Die meisten Westernsättel entwickeln nur alleine aus dieser Sache heraus schon Druckspitzen im hinteren Sattelbereich. Manche Sattler können an manchen Westernsätteln die Steigbügelaufhängung nach hinten versetzen. Ob das Sinn macht, sollte daran entschieden werden, ob der Sattel insgesamt passt.

 

Eine Bitte zum Schluss - nicht in eigener Sache, sondern weil ich gerade wieder einen Rettungsversuch erlebe eines Pferdes, dass durch u.a. seinen unpassenden (Western-)Sattel absolut unreitbar geworden ist. Schulmediziner würden das Tier aufgeben, eine umfassende Therapie u.a. mit Horse Bodyforming hilft dem Pferd nun hoffentlich:

 

Lasst besonders Westernsättel überprüfen! Obwohl das Trachtensystem ein gutes, bewährtes ist, habe ich die schlimmsten Schäden an Pferden gesehen, die Westernsättel und Trachtensättel trugen (bw. bestimmte Distanzsättel zählen auch dazu!). Solche Sättel müssen besonders genau passen und gerade Westernsättel sind absolut nicht ohne passendes Messinstrument diagnostizierbar! Wenn ihr nicht versteht, was ein Sattler oder Händler tut und sagt, hakt solange nach, bis ihr es anhand von FAKTEN glauben und sehen könnt! Ein Streit ist das allemal Wert, denn es geht um die Gesundheit Eures Lieblings in einer Weise, die sogar Einfluss auf die Lebensdauer Eures Pferdes hat!