Kleine Sattelkunde

Maximale Sattellage mit optimaler Gewichtsverteilung

Der Sattel hat die Aufgabe, das Reitergewicht gut zu verteilen, und zwar auf eine möglichst große Auflagefläche. Der Haken: Diese Auflagefläche ist begrenzt. Egal welche Art von Sattel, immer gilt:

  • das Ende der tragenden Sattelteile (Polster, Baum, Panels) darf nicht über den 18. Brustwirbel hinaus ragen. Dabei sollte am Ende eine sogen. Freistellung existieren, also ein Schwung vom Rücken weg, so dass sich nichts scharf in den Rücken bohren kann.  In der Zeichnung markieren die langen Linien im hinteren Bereich die Rippen, bzw. die letzte Rippe mit ihrem Verlauf zum 18. Brustwirbel. Dahinter beginnt die Lendenwirbelsäule, die nicht tragen sollte.
  • Der Anfang der tragenden Teile sollte hinter dem Schulterblatt liegen. Hier wird insbesondere bei Westernsätteln oft falsch, also auf der Schulter, gesattelt! Der Baum darf erst hinter den Schulterblättern beginnen! Auch hier ist eine geschwungene Freistellung erforderlich, damit das Schulterblatt (s. Zeichnung) sich frei bewegen kann. 
  • Darüber hinaus sollte die Wirbelsäule frei gehalten werden, so dass kein Baum oder Polster gegen die Dornfortsätze stößt. Tut es das, wird das Pferd Schwierigkeiten damit bekommen, sich zu biegen - bei den meisten Pferden und Großponies sind es zw. 4 und 5 Fingern breite. 
  • Wichtig ist ebenfalls die Widerristfreiheit, sowohl die in der Höhe, als auch zur Seite. Auf der Zeichnung unten seht Ihr, dass ich dort eine schräge Linie eingezeichnet habe: in der Zone darüber sollte der Trapez-Muskel keinen Druck haben! 
  • Bäume oder Polster, die über den langen Rückenmuskel hinaus auf den Rippen liegen (untere Linie der eingezeichneten Sattelfläche) stören viele Pferde nicht nur bei der Atmung, manche versuchen diesem Druck sogar per Buckeln zu entkommen.
  • die prozentuale Einteilung in der Zeichnung zeigt an, wo der Schwerpunkt des Reitergewichts liegen sollte. Dort sitzen wir übrigens automatisch, wenn wir auf dem blanken Pferderücken reiten! Kommt das Reitergewicht zuweit nach hinten (Sattel zu lang oder er setzt den Reiter falsch), wirkt sich der Druck sehr schädigend aus, da er auf den Brustwirbelbereich verlagert wird, der nur noch eingeschränkt tragefähig ist.

No-Go's bei Sattelformen & -Typen

Ein Sattel für die Deko

Stark unebene Polster mit Falten, Knötchen und Kuhlen, außerdem bretthart: die Polster müssten umgehend neu gefüllt werden!

....wäre da nicht der stark konische Verlauf der Polster, der ab Sattelmitte bereits keine ausreichende Wirbelsäulenfreiheit mehr bietet und am Sattelende schon quasi die Dornfortsätze einzwängt.

 

Fazit: Dieser Sattel taugt nur noch für die Deko. Die Polster müssten komplett umgearbeitet werden, um diesen Sattel weiter verwenden zu können. Solche Sättel sieht man leider noch oft, besonders unter den älteren Modellen. Eine fehlende / zu knappe Wirbelsäulenfreiheit ist ein "Killkriterium" bei der Auswahl eines Sattels.

Vermessungsergebnis: ein unpassender Sattel mit Brückenbildung

Deutlich sichtbar (und fühlbar): dieser Sattel liegt über einer Länge von4 Rippen  hohl! Die Folge: der Druck des Reitergewichts verteilt sich auf wenig Fläche, nämlich im vorderen und hinteren Bereich des Sattels. Das führt in vielen Fällen nicht nur zu Druckspitzen, die eine Muskelatrophie und sogar Dekubitus-ähnliche Gewebsverletzungen hervorrufen können, sondern beansprucht Bänder, Muskeln und Wirbel extrem. Ist der Sattel dazu noch zu lang, kommt es u.a. zu einer massiven Schädigung der Lendenwirbelsäule.